Donnerstag, 21. März 2013

Ridiculous Fishing

Publisher: Vlambeer
OS: iOS
unterstützte Geräte: iPhone, iPad (universal)
Preis: 2,69 €
App Store-Link: iOS

Ridiculous Fishing vom niederländischen Entwicklerduo Vlambeer ist mehr als ein wirklich tolles Spiel, es ist zudem ein Statement. Das Spiel kostet mehr, als das durchschnittliche Casual-Spiel und verzichtet dafür bewusst komplett auf In-App-Purchases.

Die Grundidee von Ridiculous Fishing (der Titel ist eine Weiterentwicklung des Flash-Spiels „Radical Fishing“) ist ebenso einfach, wie genial und ist insofern wie gemacht für ein mobiles Casual-Game anno 2013: wie der Name es schon vermuten lässt, ist die Aufgabe des Spielers in den Tiefen des Ozeans nach den verschiedensten Fischen zu angeln, mit denen er Geld verdient und seine Angler-Ausrüstung nach und nach (und wohlgemerkt nur mit Ingame-Währung) aufrüsten kann.

Fischers Fritz wartet auf den nächsten Einsatz

Das Fischen ist ein dreiphasiger Prozess: in der ersten Phase geht es darum, den Angelhaken so tief wie möglich sinken zu lassen. Per Tilt-Mechanik (im kwAPPcast oft gescholten, aber hier sehr passend umgesetzt) weicht man allen Fischen, Quallen oder anderen Meeresgeschöpfen aus. Erst wenn der Haken einen der maritimen Bewohner trifft, geht es nicht mehr Richtung Meeresboden, sondern wieder an die Wasseroberfläche. Auf dem Weg nach oben gilt es dann, die Fische, denen man auf dem Weg nach unten ausgewichen ist, an den Haken zu bekommen. Einige Arten sollte man dabei meiden (da sie kein Geld bringen, sondern sogar welches kosten). Phase 3 beginnt, sobald man mit dem Angelhaken und den daran hängenden Fischen die Wasseroberfläche erreicht. An dieser Stelle wird auch klar, wieso das Angeln hier „ridiculous“ ist: die geangelten Fische werden in die Luft geschleudert und müssen per Tap geschossen werden. Erst jeder erfolgreich geschossene Fisch gibt dem Spieler Geld (oder im Falle von Quallen auch „negatives Geld“). Sobald alle Fische abgeschossen wurden oder eben auch wieder ins kalte Nass entfliehen ist die Runde vorbei.

In der 2. Phase gilt es den Meeresbewohnern so lange wie möglich auszuweichen

Rein spielerisch erinnert das Gameplay dabei an einen Endless-Runner: man möbelt sein Equipment auf, um immer tiefer mit seinem Angelhaken vorzudringen und dabei immer wieder neue Spezies zu entdecken und zu fangen. Sobald eine bestimmte Anzahl verschiedener Spezies gefangen (oder sagen wir lieber erschossen) wurde, geht es dann auch ins nächste Fischgebiet. Obwohl die Nähe zu einem Endless-Runner sehr deutlich ist, spielt sich Ridiculous Fishing anders. Es macht sich das Genre so sehr zu eigen, die Mechanismen (Upgrade der Ausrüstung, spürbare Verbesserungen der Leistungen) greifen so gut ineinander, dass man nur ganz selten an die mittlerweile ziemlich strapazierte Spielgattung denken muß. Vielmehr freut man sich diebisch über jede neu entdeckte Spezies und spielt eine Runde nach der anderen.

In Phase 3 kommt endlich das Waffenarsenal zum Zug!

Der Titel ist aber nicht nur rein spielerisch schön eigenständig, sondern hat auch einen einzigartigen Grafikstil, der irgendwo zwischen „Retro“ und „Artsy“ schwankt, dem Spiel aber sehr gut zu Gesicht steht. Alle Elemente sind relativ reduziert und eckig dargestellt, ohne dass daraus eine klassische Pixelgrafik wird.

Hervorheben möchte ich zudem das Sound-Design, das ebenso einzigartig ist. Beginnt man mit dem Angelhaken den Weg nach unten wird schöne Musik gespielt, die einerseits „Retro“ wirkt, dabei aber nicht dem Chiptunes-Genre zugeordnet werden kann. Vielmehr klingt die Musik wie die Titelmelodie eines Computermagazins aus den 80'ern. Das kann man sich schon sehr gut anhören, aber der Clou ist tatsächlich der Moment, in dem man mit seinem Angelhaken wieder gen Wasseroberfläche zurückkehrt, denn dann wird die gleiche Melodie rückwärts abgespielt und klingt dabei mindestens genauso gut! Dies ist eines von vielen Gimmicks (dazu kommen noch ein ausführlicher Fischalmanach, ein Ingame-Twitter-Verschnitt, witzige Beschreibungstexte und und und...), die aus einem guten Spiel etwas Besonderes machen.

Dass der Entwickler Vlambeer ganz bewusst gegen den allgegenwärtigen Freemium- und IAP-Strom schwimmt (obwohl sich die Spielmechanik sehr gut dazu angeboten hätte, ein IAP-System zu integrieren) ist nicht nur eine mutige und ganz bewusste Entscheidung, sondern wie eingangs beschrieben ein Statement: in Interviews sagen sie ganz deutlich, dass sie bei dem Spiel nicht bereit waren Kompromisse einzugehen und das Game Design zugunsten von IAP-Elementen zu verwässern. So zahlt der Spieler zwar initial etwas mehr, aber bleibt von späteren Kaufaufforderungen verschont. Man kann sich eigentlich nur wünschen, dass dieser Weg dem Team Erfolg bringt, damit es neben dem Trend zu Freemium eben immer noch Platz für „Premium“-Spiele in den App Stores gibt.

Über eine Android-Umsetzung von Ridiculous Fishing wird bei Vlambeer zur Zeit wohl zumindest diskutiert. Ob es dazu kommt, wird wohl auch von dem Erfolg auf iOS abhängen. Den Android-Nutzern wäre es auf jeden Fall zu gönnen, dass dieses tolle Spiel portiert wird.

Nicht nur die bewusste Entscheidung für das gewählte Business-Modell, sondern auch das Spiel an sich nötigen mir großen Respekt ab. Insofern kann ich gar nicht umhin, dem Titel 5 von 5 Sternen zu geben und abschließend zu sagen, dass sich wirklich Niemand von den 2,69 € abschrecken lassen sollte.